Kürzlich bin ich vom Glauben abgefallen.

Ich arbeite seit vielen Jahren in virtuellen Teams. Viele Kollegen und Kolleginnen, mit denen ich mich eng verbunden fühle, habe ich noch nie berührt: ich kenne sie nur aus gemeinsamen Zoom-Konferenzen. Wir haben noch nie zusammen in einem analogen Konferenzraum gesessen.

In der langen Zeit, in der ich verteilte Teams und ihre Führungskräfte beraten und trainiert habe, gab es für mich immer ein zentrales Dogma: entweder alle Teilnehmer eines Meetings sind physisch präsent, also am gleichen Ort, oder jeder sitzt vor seinem eigenen elektronischen Ausgabegerät: Laptop, Desktop, Tablet oder Smartphone. Wenn immer ich auf der Gegenseite zwei oder mehr Teilnehmende vor einem Bildschirm sitzen sah, habe ich jene naseweis darauf hingewiesen, dass es viel besser wäre, wenn sie sich räumlich und elektronisch aufteilen würden. Wann immer ich ein halb gefülltes Konferenzzimmer vor mir hatte, zu dem externe Teilnehmer digital dazu geschaltet waren, drehte sich bei mir der Magen um. 

Viele meiner Kolleginnen teilten meine Ansicht. Und es gab gute Gründe dafür: Technisch waren solche Meetings oft ein Graus, die extern zugeschalteten Teilnehmenden waren nicht gleichberechtigt gegenüber den im Raum präsenten, die Teamdynamik litt und die Arbeit in Kleingruppen stellte mich und die Gruppe vor besondere Herausforderungen.

Ich habe einsehen, dass ich mein Dogma nicht länger aufrecht erhalten kann. Hybride Teams sind nicht nur der letzte Schrei – sie werden die vorherrschende Weise der Teamarbeit der Zukunft sein.

In der postpandemischen Zeit, in der die Covid-19-Infektionszahlen zu sinken beginnen und die Rückkehr ins analoge Büro immer mehr möglich ist, entwickelt sich eine der umfassendsten Revolutionen, die die Welt der Arbeit in den letzten 100 Jahren gesehen hat: Es ist für viele Unternehmen nicht mehr selbstverständlich, dass sich der “Default”-Arbeitsplatz im Firmengebäude befindet. Diese Unternehmen flexibilisieren die Regeln dafür, wo und wann die Mitarbeiterin ihre Arbeit erledigt. Dies führt zwangsläufig zu der Notwendigkeit, die Arbeit hybrider Teams auf eine solide Basis zu stellen.

Hybride Teams bewegen sich in der Grauzone zwischen dem reinen Vor-Ort-Team, das sich in Gänze im analogen Büro zusammensetzt und dem verteilten Team, bei dem sich alle Teammitglieder virtuell miteinander verbinden und jeder vor seinem eigenen elektronischen Ausgabegerät sitzt. In hybriden Teams halten sich ein Teil der Kollegen in räumlicher Nähe voneinander auf, während die anderen im Büro in der Wolke arbeiten. Und die Zusammensetzung des Vor-Ort-Teams wechselt ständig: mal ist die eine im Büro und am nächsten Tag die Kollegin.

Genau betrachtet hat es hybride Teams schon vor der elektronischen Industrierevolution der neunziger Jahre gegeben: Der Außendienstmitarbeiter hat schon immer von unterschiedlichen Standorten aus gearbeitet und die erste Telefonkonferenz fand am 4. Dezember 1928 statt.

Die hybride Arbeitsweise ist nicht ohne Herausforderungen – man könnte sagen, sie sei weder Fisch noch Fleisch und benötige daher ein spezielles Besteck. Und trotzdem hat sie ihren Charme: Menschen wollen sich physisch begegnen, zumindest manchmal. Menschen wollen ihren Arbeitsplatz selbst bestimmen. Zumindest manchmal. Wie bringt man das zusammen, ohne dass die Produktivität leidet?

Von dem neuen Besteck wird dieser Blog handeln.

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