Wie zufrieden sind Sie mit der digitalen Transformation ihres Teams? Geht es in der erforderlichen Geschwindigkeit und Qualität voran? Hoffen Sie, dass es sich mit der Zeit alles einpegelt? Oder spüren Sie den Phantomschmerz, der Change-Prozessen eigen ist?

Wandel begleitet uns in allen Lebensbereichen. Nur über einen Teil der Veränderung reflektieren wir bewusst. Die letzten dreißig Jahre der digitalen Transformation haben jedoch gezeigt, dass die Geschwindigkeit, mit der Menschen Veränderungen annehmen und in ihre Lebens- und Arbeitsprozesse einbauen, von vielen Faktoren abhängt und nicht immer den Erwartungen derer entspricht, die den Wandel in die Wege geleitet haben. 

Die COVID–19–Pandemie hat eine Entwicklung, die schon seit langem abzusehen war, in das Bewusstsein vieler Organisation katalysiert. New Work war seit Jahren in aller Munde und es hat vielfältige Bestrebungen gegeben, den Wahl des Arbeitsplatzes und der Arbeitszeit zu flexibilisieren. Schon wenige Monate, nachdem die meisten ins Home-Office verbannt worden waren, machte der Begriff des New Normal die Runde. Was dieses New Normal eigentlich bedeutet, ist bis heute wenigen klar. Denn hybride Teams sind etwas anderes wie rein virtuelle Teams und stellen die Unternehmen vor große Herausforderungen. Es besteht die Notwendigkeit, dass Teams klare Vereinbarung miteinander treffen über Dinge wie Kommunikation, Anwesenheit, Verfügbarkeit und vieles weitere. Die Eigenverantwortung der einzelnen Teammitglieder steigt. Es gibt keine Blaupausen für diese neue Art der Zusammenarbeit.

Elisabeth Kübler-Ross hat in ihrer Trauerkurve, die jedem Veränderungsberater bekannt ist, beschrieben, wie das Tal der Tränen aussieht, durch welches Menschen gehen, wenn sie einem plötzlichen Wandel unterworfen sind. Diese Dynamik war zu Beginn der Covid-19-Pandemie deutlich zu erkennen, zum Beispiel in der Gruppe der Beraterinnen und Berater, die zuvor in der Breite nur wenig auf digitale Vermittlung ihrer Inhalte gesetzt hatten. In den ersten Wochen hofften viele darauf, dass es sich bei Corona nur um eine harmlose Grippe handele, und dass die Maßnahmen der Regierungen zur Kontaktbegrenzung schnell als überzogen erkannt werden würden. Dann machte sich eine große Ablehnung virtueller Arbeit breit. Etwa ein halbes Jahr nach Beginn der coronabedingten Einschränkungen hatten sich die meisten Angehörigen dieser Profession die notwendigen Kompetenzen angeeignet und ihre Arbeit in die digitalen Räume verlegt. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Unternehmen haben keine Wahl: become digital or obsolete. Die Zeit der Dinosaurier ist endgültig zu Ende gegangen.

Veränderungen entstehen in den Köpfen der Beteiligten, oder, wie es Bernard Mohr einmal ausgedrückt hat: Change at the speed of imagination (Veränderung in der Geschwindigkeit der Vorstellungskraft).

Auf welche Aspekte kommt es bei der Prozessbegleitung in hybriden Teams an?
Meiner Arbeit mit hybriden Teams – und denen, die es werden wollen – lege ich das Modell der logischen Ebenen von Robert Dilts zu Grunde. Ich finde, es eignet sich hervorragend, um die verschiedenen Aspekte der digitalen Transformation zu steuern. Diese Ebenen werde ich in weiteren Artikeln dieses Blogs im Einzelnen beschreiben, hier soll schon ein erster Überblick darüber gegeben werden. Von dem Prozessbegleiter – sei es ein interner oder ein externer – muss erwartet werden, dass er oder sie die Klaviatur dieser unterschiedlichen Ebenen beherrscht.

 

Räume. Hybride Teams arbeiten in zwei ganz unterschiedlichen Arten von Räumen. Einmal sind da natürlich immer noch die klassischen Büros, die ja in der Pandemie nicht verschwunden sind. Und es wird immer Gelegenheiten geben, bei denen sich ein Teil des Teams oder das Gesamtteam im Büro oder auch in anderen Räumlichkeiten physisch trifft. Das Design von Büros wird sich grundlegend ändern; mehr dazu in einem späteren Artikel. Auf der anderen Seite gibt es die digitalen oder virtuellen Räume. Die sind auch nicht neu; sie hat es schon seit 30 Jahren gegeben. Leider sind sie oft nicht den Bedürfnissen der Teams angepasst. Die spezielle Herausforderung von hybriden Teams besteht darin, diese beiden Arten von Räumen miteinander zu verzahnen und dadurch zu einer produktiven Zusammenarbeit zu kommen.

Verhalten. Weil sich die Zusammenarbeit in hybriden Teams äußerst kompliziert gestaltet, bedarf es genauer Vereinbarungen bezüglich des erwünschten und des erwarteten Verhaltens der Teammitglieder. Es muss also viel mehr explizit gemacht werden, als in klassischen analogen Teams und auch in den neuen virtuellen Teams, da es sonst zu großen Verwerfungen kommen kann. Diese Vereinbarungen betreffen unter anderem die Art, in der Meetings gestaltet werden, es geht um Dokumentation, um Anwesenheit entweder am physischen Arbeitsplatz oder im Home-Office und vieles mehr.  

Fähigkeiten. Mitglieder hybrider Teams brauchen neue Kompetenzen. Oder sagen wir mal so: Fähigkeiten, die schon in der alten Art der Zusammenarbeit wichtig waren, sind jetzt unverzichtbar. Zum Beispiel: ohne transparente, umfassende, offene Kommunikation ist ein hybrides Team zum Scheitern verurteilt. Die Bereitschaft, sich selbst zu hinterfragen, Feedback zu geben und zu nehmen und sich selbst manchmal hintenan zustellen, sind auch ganz wichtig. Und selbstverständlich sollten alle die genutzten digitalen Plattformen virtuos beherrschen.

Grundannahmen. Der wichtigste Glaubenssatz eines hybriden Teams ist der, dass das Team in dieser neuen Art der Zusammenarbeit erfolgreich sein kann. Ein positives Menschenbild und – vor allem für die Führungskräfte von Bedeutung – der Glaube daran, dass das Team selbstgesteuert und selbstorganisiert seine Arbeit erledigen kann, ist eine weitere Voraussetzung.

Identität. Wie Robert Dilts ganz richtig und eigentlich genial beschrieben hat, ist die wichtigste Grundlage für jeden erfolgreichen Wandel die Veränderung der Identität des Teams. Nur wenn alle mit vollem Herzen annehmen, dass die hybride Arbeit auch identitätsstiftend sein kann, wird alles wie geschmiert laufen.

Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich schlüssig, dass die Prozessbegleitung im Wandel zum hybriden Team sowohl Coaching- als auch Trainingsaspekte, wie auch vor allem die Moderation von Dialog- und Beteiligungforen umfasst. Damit ist das Spektrum groß: von der Vermittlung technischer Fähigkeiten bzw. der effektiven Nutzung digitaler Plattformen bis hin zur Arbeit mit Glaubenssätzen ist eine Spanne, die vielleicht nicht von der gleichen Beraterin abgedeckt werden muss; diese sollte sie jedoch im Auge haben und im Prozessdesign abbilden.

Wo sollen Sie mit diesem komplexen Veränderungsprozess anfangen? Egal, aber fangen Sie an!

 

Titelbild: Shutterstock © 2021

Bild der Trauerkurve: mit freundlicher Genehmigung von Robert Sieber

Bild der logischen Ebenen: © Holger Nauheimer, 2021